Canon macht ernst: Die EOS C300

Auf der vorgestrigen Veranstaltung in Hollywood stellte Canon eine neue Videokamera vor – und hat den Mut, damit die eigene Videosparte umzukrempeln und das EF-Bajonett zur Basis all ihrer Geräte zu machen.

Die Voraussetzungen waren günstig: Die Video-SLRs, allen voran die 5D Mark II aus dem eigenen Haus, hatten gezeigt, daß die Leute Videos mit geringer Schärfentiefe aufnehmen wollten. Canon hat ein passendes Bajonett mit vielen Objektiven, die sich auch fürs Filmen verwenden lassen. Warum dann nicht eine richtige Videokamera mit EF-Bajonett bauen?

In diesem Beitrag, welcher nun mehr als zwei Jahre zurückliegt, hatte ich gehofft, daß Canon oder Nikon etwas in der Art tun würden. Gestern hat Canon die EOS C300 vorgestellt und sie erfüllt viele meiner damaligen Wünsche, leider nicht die nach einem Vollformatsensor und dem Verkaufspreis.

Was macht die Canon EOS C300 aus?

Kurz gesagt: Die C300 ist eine richtige Videokamera mit allen üblichen Funktionen und Anschlüssen – und einem EF- (oder PL-) Bajonett: XLR, HD-SDI, Kopfhörer, ND-Filter, Peaking – alles, was wir an den Video-SLRs vermißt haben, hat die C300. Sie ist die richtige Kamera für Videoleute, welche eine Sammlung an Canon-Objektiven besitzen – und bedeutend mehr Geld, denn Canon bietet die Kamera nicht zum Preis einer 5D Mark II an.



Die C300 in Stichpunkten

  • Super35-/APS-C-Sensor mit 8 Megapixeln. Im Gegensatz zu der Pixelzählung bei Photokameras hat dieser Sensor allerdings je 2 Megapixel (1920×1080 Pixel) für den Rot- und Blau-Kanal und 2 x 2 MegaPixel für den Grünkanal, die Kamera hat also bei 1920×1080 Pixeln für jeden Farbkanal (mindestens) einen eigenen Pixel, was der Qualität zugute kommt.
  • sehr gute Lichtempfindlichkeit durch die geringere Zahl an Pixeln auf dem Sensor
  • kaum Rolling-Shutter-Artefakte durch schnelles Auslesen des Sensors
  • keine Moire- und Aliasing-Probleme, da der Sensor komplett ausgelesen wird und nicht wie bei der 5D Mark II Zeilen übersprungen werden
  • Video-Aufzeichnung mit 50 MBit/s in MPEG2 4:2:2, Dateiformat MXF
  • Bildraten von 1-60 B/s in Schritten von 1 B/s einstellbar (allerdings >30 nur interlaced oder in 720p)
  • verfügbar mit EF- (C300) und PL-Bajonett (C300 PL)
  • zwei unabhängige CF-Kartenfächer, während der Aufnahme auf eine Karte kann die andere getauscht werden, die Kamera kann auch auf beide gleichzeitig aufnehmen
  • leistungsstarke Akkus (BP-950G & BP-970G) von Canons großen Kameras nutzbar
  • eingebauter, zuschaltbarer ND-Filter
  • großer HDMI-Anschluß, Genlock, Timecode, HD-SDI
  • XLR-Audio-Eingänge
  • Kopfhörer-Anschluß mit bequem regelbarer Lautstärke
  • lieferbar Ende Januar 2012 (C300) und Ende März 2012 (C300 PL)
  • Preis: 20000 US-Dollar

Was mir gefällt

Mir gefällt vieles an der C300 – die Auslegung des Sensors, die fein justierbaren Bildraten, das Open-Source-Datenformat (MXF), die Auswahl an zwei bekannten Bajonetten, die zwei CF-Kartenfächer und die Nutzung eines gängigen, aber preiswerten Speichermediums, die großen Akkus und vielfältigen Anschlüsse. Mir gefällt sogar die Form – ein liebenswerter, kompakter Klotz mit allerlei darauf verteilten Knöpfen und Anschlüssen.

Was mir nicht gefällt

Canon hat sich für das Super35-Kinoformat entschieden, was im Prinzip APS-C entspricht – die C300 hat keinen Vollformat-Sensor. Bestehende Objektive lassen sich daran, wie an allen anderen Canon-APS-C-Kameras (von der 7D bis zur 600D) nur mit einem „Verlängerungsfaktor“ nutzen. Sicher ist das Format im Filmbereich gebräuchlicher, allerdings hätte man mit einem größeren Sensor die Lichtempfindlichkeit noch verbessern können.

Der Codec (MPEG2 mit 4:2:2-Farbinformationen und 50 MBit/s) ist eine Verbesserung gegenüber der 5D Mark II, allerdings wäre hier noch mehr drin gewesen – die angekündigte 1D X kann schließlich 300 MBit/s schreiben. Die alternative Aufzeichnung über HD-SDI erfordert eine externe Speicherlösung.

Der Preis von 20000 US-Dollar ist sicher für Filmprofis nichts Besonderes – Amateure können sie sich allerdings nicht mehr leisten. Für „den Rest von uns“ bleiben also 5D Mark II, 550D, 600D und die Video-SLRs der Konkurrenz.

Fazit

Canon hat eine Kamera für Videoprofis vorgestellt, welche das Angebot der hauseigenen Video-SLRs nach oben abrundet und das EF-Bajonett zu einem (weiteren) Standard unter Filmern werden lassen wird. Passend dazu haben sie neue Objektive und eine Geschäfts- und Servicestelle in Hollywood eingerichtet.

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