Mac mini mit Snow Leopard für den Videoschnitt einrichten

Vielleicht ist ein Mac mini nicht der erste Gedanke, wenn man einen Apple-Computer für den Videoschnitt sucht. Aber manchmal soll man ja auch zweimal über etwas nachdenken – und ich mag den Kleinen. Ob das gleiche allerdings auch für Snow Leopard gilt, wird sich erst noch herausstellen.

Warum einen Mac mini?

Mein PowerMac Dual G5 hat mir bisher gute Dienste geleistet, arbeitet aber mit den Dateien der 5D Mark II an seiner Leistungsgrenze (ins AIC-Format konvertiert). Außerdem deuten alle Zeichen auf eine bald endende Unterstützung der PowerPCs seitens Apple – Final Cut Studio 3 läuft nur noch auf Intel-CPUs und so wird es dem kommenden Final Cut Express 5 wohl ebenfalls ergehen.

Die neuen Mac minis sind schneller als mein PowerMac und – was mir sehr wichtig war – es lassen sich im Gegensatz zu älteren Mac minis nun auch zwei Monitore anschließen. Kleiner und stromsparender sind sie zusätzlich.

Die Ausstattung im Detail

Ich habe mich für den Mac mini mit 2,53 GHz und 4 GB RAM entschieden. Im Gegensatz zum Vormodell lohnt sich hier das Selbstaufrüsten des Hauptspeichers kaum noch, auf die Größe der eingebauten Festplatte kam es mir nicht an. Für die Videodaten habe ich ein externes Gehäuse mit zwei 3,5-Zoll-Platten angeschlossen. Der Mac mini hat leider nur abgespeckte Versionen von gängigen Monitoranschlüssen – den MiniDVI-auf-DVI-Adapter liefert Apple kostenlos mit, den MiniDisplayPort-auf-VGA-Adapter muß man dazukaufen. An die Adapter sind ein 24-Zoll-TFT und ein 19-Zoll-Röhrenmonitor angeschlossen.

Der Mac mini wird mit Snow Leopard (10.6) geliefert. Auf dem PowerMac hatte ich immer noch Tiger (10.4) benutzt und war damit sehr zufrieden, neue Programme (oder neue Hardware) verlangen allerdings auch neue Versionen des Betriebssystems und so kommt es oft bei einer kleinen Änderung des Systems zum Update-Zwang für alle anderen Komponenten.

Für den Videoschnitt benutze ich Final Cut Express 4, zum Konvertieren der Dateien MPEG Streamclip, zum Anschauen der Videos den Quicktime-Player oder VLC.

Snow Leopard installieren

Hier hat sich nicht viel im Vergleich zu Panther und Tiger geändert, von DVD booten (die Taste „c“ beim Booten festhalten), Festplatte mit dem Disk Utility („Festplattendienstprogramm“) neu partitionieren und vor dem Installieren mit „Customize“ nur die wichtigsten Dinge auswählen – für mich sind dies das Grundsystem, X11, Rosetta und Quicktime 7. Die Registrierung kann man wie früher schon mit Command-Q („Apfeltaste-Q“) überspringen. Nach dem Einrichten lege ich einen Admin-Anwender an und nehme dem zuerst eingerichteten Anwender die Admin-Rechte weg, um Nutzung und Administration zu trennen.

Snow Leopard anpassen

Ein Benutzer von Tiger muß sich in Snow Leopard erst einmal zurechtfinden, wenn er die Vorversion Leopard (10.5) übersprungen hat. Apple hat nicht nur kosmetische Änderungen vorgenommen, sondern auch die Oberfläche „einfacher“ gemacht – zum Teil mit bevormundenden Änderungen, welche mich an Microsoft erinnern. Einige Dinge kann man jedoch selbst wieder zurechtrücken.

Achtung: Alle folgenden Änderungen nur auf eigene Gefahr – und eigene Verantwortung – durchführen.

Kleinigkeiten

Mein Videoschnittrechner benötigt keinen Zugang zum Internet – lediglich auf das lokale Netzwerk soll er zugreifen können. Dafür löscht man in den Systemeinstellungen->Netzwerk alle Interfaces bis auf Ethernet. Airport (WLAN) und Bluetooth bräuchten nur sinnlos Strom und können abgeschaltet werden. In der Ethernet-Konfiguration vergebe ich manuell eine IP-Adresse und lasse die Felder für Router und DNS-Server frei. Der Mac weiß nun nicht mehr, wie er ins Internet gelangt, kann aber noch auf Rechner im selben Subnetz zugreifen.

Den Root-User aktiviert man nicht wie früher im Netinfo-Manager, sondern im „Directory Utility“, welches Apple im Verzeichnis /System/Library/CoreServices/ versteckt hat.

Dashboard-Phone-Home abschalten

(Folgendes ist nur für ein Snow Leopard mit Internetzugang nötig.)

Als Tiger herauskam, gab es einige Aufregung um eine Funktion von Dashboard, welche Daten zu Apple sendete. Ich weiß nicht, ob es diese in Snow Leopard immer noch gibt, zur Sicherheit habe ich die Datei /etc/mach_init.d/dashboardadvisoryd.plist umbenannt und die URLs apple.com/widgets/widgetadvisor und apple.com/widgets/parser.info in meinem Router blockiert.

Spotlight abschalten

Spotlight ist Apples Mechanismus zum Indizieren und Wiederfinden von Dateien anhand ihrer Metadaten. Beim Videoschnitt habe ich meine Dateien jedoch hübsch in Ordnern gruppiert und es besteht keine Gefahr, die Übersicht zu verlieren. Da Spotlight jede Datei bei jedem (Schreib-)Zugriff untersucht, bringt das Abschalten von Spotlight einen Geschwindigkeitsgewinn, den man beim Videoschnitt immer gebrauchen kann.

Folgendes muß auf der Kommandozeile (im Terminal) als root ausgeführt werden:

mdutil -a -i off
mdutil -a -E

Dann kann man in den Rootverzeichnissen aller Volumes den Ordner .Spotlight-V100 löschen (für jedes Volume einmal ausführen):
rm -rf .Spotlight-V100

Nun kann man die Systemprogramme für Spotlight deaktivieren/löschen:
cd /System/Library/Frameworks/CoreServices.framework/Frameworks/Metadata.framework/Support/
Vor dem Löschen sichern wir die Tools, damit wir sie später wiederherstellen können, falls Bedarf besteht:
tar cvf oldmdworkstuff.tar *
rm md*
System neu starten:
sync; sync; reboot

Da Spotlight nun nicht mehr funktioniert, können wir auch das Spotlight-Icon aus der Menüzeile entfernen:
cd /System/Library/CoreServices/
mv Search.bundle Search.bundle.disabled

Diese Änderungen müssen eventuell vor einem Update des Systems wieder rückgängig gemacht werden – oder nach einem Update des Systems wiederholt werden. Das wird man merken, wenn irgendwas nicht funktioniert. ;)

Timemachine

Wenn man seine Backups selbst anfertigt, benötigt man auch Timemachine nicht – also diese Funktion im entsprechenden Kontrollfeld der Systemeinstellungen gar nicht erst aktivieren.

Die nervigen Nachfragen, ob eine gerade angesteckte externe Festplatte für Timemachine genutzt werden soll, schaltet man als root auf der Kommandozeile so ab:
defaults write /Library/Preferences/com.apple.TimeMachine DoNotOfferNewDisksForBackup -bool YES

Fonts wieder besser lesbar machen

Bisher (unter 10.4) konnte man das Font-Antialiasing in der Systemsteuerung in drei Stufen regeln: „leicht“, „mittel“ und „stark“. Apple denkt sich nun, das besser zu können und stellt bei allen Anwendern „mittel“ ein. Ich fand die Einstellung „leicht“ besser lesbar, zum Glück kann man diese wenigstens auf der Konsole zurückholen:
defaults -currentHost write -globalDomain AppleFontSmoothing -int 1

(0 steht für aus, 1 für „light“, 2 für „medium“ und 3 für „strong“)

Bytezählung wieder zurechtrücken

Apple hat in Snow Leopard für Verwirrung gesorgt – der Finder und Disk Utility zählen Datei- und Volumegrößen nun zur Basis 10, andere Programme traditionell zur Basis 2. Ein Megabyte ist nun bei Apple (manchmal) 1000×1000 Bytes groß und nicht mehr 1024×1024, wie das noch kürzlich bei Apple der Fall war – und bei allen anderen Systemen auch nach wie vor ist.

Meiner Meinung nach ist dies verblödender Unsinn und sollte nicht unterstützt werden (hier kann man sich bei Apple beschweren). Es gibt noch nicht mal eine Konfigurationsmöglichkeit, sei es ein Häkchen in einem Dialog oder eine Datei, mit der man das alte Verhalten wieder herstellen kann. Zum Glück sah dies ein Programmierer ebenso und stellte mit „switchDiskSizeBase“ (Download-Archiv) ein kleines Programm zur Verfügung, nach dessen Anwendung auf der Kommandozeile die Größen wieder stimmen.

Ungelöste Probleme

Leider gibt es auch einige Probleme, die ich bisher noch nicht oder nicht komplett lösen konnte.

Ethernet schwächelt – abhängig von der Mondphase?

Manchmal fällt die Ethernet-Schnittstelle des Mac minis auf 100 MBit zurück, obwohl sie an einen Gigabit-Switch angeschlossen ist. Versucht man, sie von Hand auf Gigabit-Geschwindigkeit festzulegen, verliert sie die Verbindung – immer wieder, in kurzen Abständen. Die genaue Ursache des Problems ist mir nicht klar, es tritt jedoch nicht bei jedem Start des Mac minis auf. Den Switch vor dem Mac mini einzuschalten scheint das Problem seltener auftreten oder verschwinden zu lassen.

Netzwerk-Durchsatz über SMB – abhängig von der Prozessorauslastung

Der Netzwerkdurchsatz beim Kopieren von Dateien über SMB liegt gegenüber einem Fileserver, bei dem normalerweise 30 MB/s möglich wären, bei 2-5 MB/s. Gegenüber anderen Servern ist der Durchsatz normal. Der Durchsatz wird besser, wenn der Mac mini noch mit anderen Dingen beschäftigt ist.

HD-Videos stocken im Quicktime-Player – abhängig vom Speicherort

Die Wiedergabe von hochaufgelösten Videos im Quicktime-Player ist nicht flüssig, obwohl die Prozessoren nicht ausgelastet sind (sondern nur 10-15%). Dies tritt nur auf, wenn die Videos von der externen Firewire-Platte abgespielt werden, nicht bei der internen Platte. Der Durchsatz beim Kopieren zur externen Platte ist jedoch gut (>60 MB/s).

Wiedergabe in Final Cut Express nicht flüssig – abhängig vom Hauptmonitor

Da ich mir eine höhere Geschwindigkeit vom neuen Mac mini versprochen hatte, war ich verstört, als die Wiedergabe von HD-Videos in FCE ruckelte. Selbst in der niedrigsten Qualität beim Abspielen („low“) trat dies auf. Irgendwann merkte ich, daß dies abhängig davon war, auf welchem meiner Bildschirme sich die Menüzeile befand! Ist die Menüzeile auf dem Bildschirm, welcher auch die Videovorschau anzeigt, gibt es kein Ruckeln, ist sie auf dem anderen Bildschirm, ruckelt es. Kann Snow Leopard auf dem Mac mini (mit immerhin 256 MB Shared-Video-RAM) nur einen Bildschirm hardware-beschleunigen? Was für obskure Gründe mag es sonst dafür geben?

Bevormundung im Homeverzeichnis

Nach dem Einrichten des ersten Anwenders befinden sich (mindestens) die Ordner Desktop, Documents, Library, Movies, Music, Pictures, Public im Homeverzeichnis. Desktop und Library sind wichtig und sollten erhalten bleiben, den Rest würde ich gern löschen. Das erlaubt Mac OS X allerdings nicht, da die Ordner „für die Nutzung von Mac OS X benötigt“ würden. Ich bin mir wiederum ganz sicher, daß ich die Ordner nicht benötige, sie stören hingegen meine Organisation von Dateien in meinem Homeverzeichnis. Im Terminal kann man die Dateien als root löschen, Mac OS X legt sie stur wieder an. Man kann die vermeintliche „Quelle des Übels“ im Ordner /System/Library/User Template/ löschen, ein versuchter Zugriff auf einen der nun „fehlenden“ Ordner legt gleich alle wieder an.

Es sind kleine Dinge wie diese, welche in letzter Zeit bei Apple gehäuft auftreten und welche in ihrer Summe Linux anwenderfreundlicher aussehen lassen. Mal abwarten, was Apple in den Updates für 10.6 und dann in 10.7 anstellt, mein nächstes Desktop-System könnte sonst wieder unter Ubuntu laufen… .

Vorläufiges Fazit

Auch wenn es mehr Probleme gab als angenommen, ist der neue Mac mini zusammen mit Final Cut Express 4 ein angenehmes System, um Videos zu bearbeiten. Schneller als mein alter PowerMac, kleiner, leiser und preiswerter war er auch. Zwei Monitore sind für den Videoschnitt sehr hilfreich und seit der Einführung des nVidia-Chipsatzes kann man diese mit Hilfe von Adaptern an Apples Kleinsten anschließen. Wenn Apple nun die kleinen Probleme noch behebt, kann man einen Mac mini mit Snow Leopard für den Videoschnitt ohne Vorbehalte empfehlen.


 
 
 

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