Der gute Ton – Audiorekorder und „dual system sound“

Alle Video-SLRs besitzen zwar ein eingebautes Mikrophon, benutzen sollte man dieses allerdings nur im Notfall. Bessere Qualität bieten externe Mikrophone, die über die Stereoklinkenbuchse an die Kamera angeschlossen werden. Wem allerdings der Ton wirklich am Herzen liegt, der verwendet einen separaten Audiorekorder.

Digitale Audiorekorder

Im Gegensatz zur Kamera, welche den Ton nur zusätzlich zum Bild aufzeichnet, ist die Tonaufnahme Bestimmung und einziger Einsatzzweck eines digitalen Audiorekorders. Wir dürfen also annehmen, daß er darin wesentlich besser ist als die universelle Videokamera.

Praktisch für uns ist, daß die Audiorekorder durch immer kleinere (flashbasierte) Speichermedien ebenfalls klein und handlich geworden sind. Aber sie sind nicht nur kleiner, sondern auch preiswerter und – was man in dieser Kombination gar nicht vermuten würde – auch besser als noch vor einigen Jahren.

Warum nicht?

Bevor wir uns den Vorzügen widmen, ein paar Worte zu den Nachteilen.
Was könnte uns davon abhalten, beim Videodreh einen Audiorekorder zu benutzen?

Wenn wir noch keinen besitzen, muß das gute Ding erst einmal erworben werden – vernünftige Rekorder bekommt man ab 200 Euro.
Die Handhabung ist umständlich – wir müssen neben der Kamera nicht nur ein extra Gerät mitnehmen, wir müssen es auch aufstellen oder halten und bedienen. Darauf achten, daß nicht nur die Kamera läuft, sondern auch der Rekorder den Ton aufzeichnet. Letztendlich müssen wir beim Schnitt die separat aufgenommenen Bild- und Tonspuren synchronisieren, um den passenden Ton gleichzeitig mit den Bildern abzuspielen.

Warum?

Das eingebaute Mikrophon der meisten Video-SLRs nimmt nur mono auf. Selbst ein eingebautes Stereomikrophon kann dessen Hauptnachteile nicht tilgen: Es nimmt jedes Kamerageräusch auf und läßt sich nicht auf die Schallquelle ausrichten. Den ersten Nachteil entdeckt man sehr schnell – jede Bewegung des Zoom- oder Fokusrings, jede Berührung und vor allem Autofokus oder Bildstabilisator verewigen sich geräuschvoll in der Aufnahme.

Diesem Nachteil kann man größtenteils mit einer Entkopplung des Mikrophons beikommen, dazu wird ein (externes) Mikrophon in eine „Mikrophonspinne“, eine elastische Halterung, gehängt. Einige externe Mikrophone (zum Beispiel das VideoMic von Rode) werden entkoppelt auf den Blitzschuh der Kamera gesteckt.

Besser ist es, das Mikrophon bei Gelegenheit direkter an die Schallquelle zu bringen – zum Beispiel von einer Person, die es an einer „Angel“ von oben (nicht ganz) ins Bild hält – das könnte uns von Filmdrehs bekannt vorkommen.

Trotzdem sind wir damit immer noch an die Audioeingänge und Wandler der Kamera gebunden, die wie schon gesagt, vornehmlich für die Photo- und Videoaufnahme konstruiert wurde. Aber nicht nur die schlechtere Qualität der Wandler und das für heutige Verhältnisse geringe Auflösevermögen (16 Bit & 44,1 oder 48 kHz) stellen Nachteile dar. Die meisten professionellen Mikrophone benötigen eine „Phantomspeisung“, welche die Kamera nicht bereitstellt.

Anforderungen an einen Audiorekorder für Videodrehs

Damit sind die Anforderungen auch schon umrissen: Der Audiorekorder sollte XLR-Buchsen für professionelle Mikrophone haben und diese mit Phantomspeisung versorgen können. Er sollte gute Wandler besitzen und den Ton auch hochauflösend (in 24 Bit mit 48-96 kHz) aufzeichnen. Dabei sollte er noch halbwegs tragbar sein, auf gängige Medien (CF oder SD) schreiben und übliche Batterien (Mignon oder Mikro) nutzen.

In der Preisklasse bis 600 Euro sind mir drei Geräte bekannt, welche diese grundsätzlichen Anforderungen erfüllen: Der Zoom H4n, der Tascam DR-100 und der Marantz PMD661.

Wenn man sich so umschaut, scheint der Zoom H4n der beliebteste Audiorekorder bei den SLR-Filmern zu sein. Er hat seinen beiden Mitbewerbern den niedrigeren Preis (rund 350 Euro) und die Fähigkeit voraus, auch vierspurig aufnehmen zu können (2x XLR + 2x interne Mikrophone).

Der Tascam DR-100 (400 Euro) macht auf mich einen robusteren und gefälligeren Eindruck, mit besseren Tasten und gut bedienbaren Pegelreglern.

Der Marantz PMD661 ist noch etwas teurer: 550 Euro. Weil er mir allerdings am besten gefallen hat, hat er einen eigenen Artikel bekommen.


[Der Marantz PMD661 zusammen mit entkoppelten Mikrophonen in XY-Stereo-Anordnung, Kamera, Follow-Focus und Rig auf einem Stativ – ohne läßt sich die Kombination auch nicht mehr tragen.]

Dual System Sound

Bei Aufnahmen auf „echtem 35mm-Film“ kann der Ton naturgemäß nicht zusammen mit den Bildern auf Negativfilm belichtet werden, darum gab es in Hollywood schon immer „dual system sound“ – Bilder und Ton wurden mit zwei unterschiedlichen Geräten aufgenommen (manchmal auch als „double system sound“ bezeichnet). Zusammengefügt wurden Bild und Ton erst wieder beim Schnitt. Um den Ton auch exakt passend unter die Bilder zu legen, mußte man sich an einem Ereignis orientieren, welches sowohl im Bild als auch als Ton kurz und prägnant auftrat. Dies ist die Hauptaufgabe der „Filmklappe“.

So eine Filmklappe können sich heutzutage auch SLR-Filmer zulegen, denn sie sieht nicht nur höchst wichtig aus, sondern wird auch aus demselben Grund wie in Hollywood benötigt – um beim Schnitt Bild und Ton zu synchronisieren. Hat man gerade keine Klappe zur Hand, kann man sich mit einem Zusammenklatschen der Hände (vor der Kamera) behelfen.

Da unsere Video-SLRs heutzutage ja prinzipiell Töne aufnehmen, können wir auch das Klatschen auf der Tonspur des internen Mikrophons mit dem Klatschen auf der Spur des externen Rekorders im Schnittprogramm übereinanderlegen – also das Mikrophon in der Kamera als Referenzspur nutzen.

Um einen besseren Referenzton zu bekommen, läßt sich allerdings auch der Audiorekorder an die Kamera anschließen – die meisten haben einen „Line“-Ausgang, welcher das aktuell über die Mikrophone aufgenommene Signal sofort nach außen weitergibt. Das Line-Signal muß vor der Einspeisung in die empfindliche Mikrophonbuchse der Kamera allerdings um 40 dB gedämpft werden – zum Beispiel mit Dämpfungsgliedern im Kabel.


[Einspeisung des Referenztons per Klinkenstecker in die Canon 550D – ein abgewinkelter Stecker wäre hier platzsparender.]

Kleinere Audiorekorder haben manchmal nur eine kombinierte Kopfhörer-/Line-Out-Buchse, dann muß man sich entscheiden, ob einem die Kontrolle über die Kopfhörer oder der Referenzton wichtiger ist – oder man verwendet ein Y-Kabel.

Abkoppeln

Wenn man schon den Ton umständlich mit einem extra Gerät aufnehmen (und später umständlich wieder mit den Bildern vereinigen) muß, so kann man wenigstens die Vorteile dieser Trennung nutzen.


[Das Monstrum von hinten – im praktischen Einsatz ist man meist besser beraten, Rekorder und Mikrophone unabhängig von der Video-SLR aufzustellen und nur mit dem Kabel für den Referenzton (oder gar nicht) zu verbinden.]

Durch die extra Hardware des Audiorekorders kann die Tonaufnahme an eine andere Person abgegeben werden, die sich ausschließlich darum kümmert. Genau so, wie ein Audiorekorder die technische Qualität der Tonaufnahme verbessern kann, erhöht ein eigenständiger „Tonmensch“ die Chancen auf eine einwandfreie Aufnahme – durch ständige Kontrolle per Kopfhörer, sinnvolle Positionierung der Mikrophone und die Konzentration auf sein Spezialgebiet.


 
 
 

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